Wie Teneriffa entstand: aus drei Inseln wird eine

von Jutta
Update:

Die Entstehung von Teneriffa begann bereits vor Millionen von Jahren, verlief in ganz unterschiedlichen Phasen und ist ebenso komplex wie interessant. Los geht’s auf eine geologische Reise in die ferne und nahe Vergangenheit:

Drei Inseln tauchen aus dem Meer auf

Teneriffas Entstehungsgeschichte begann vor etwa 20-50 Millionen Jahren als durch Spalten im Meeresboden heiße Magma aus dem Erdinneren aufstieg. Im Laufe von Millionen von Jahren häufte sich so viel basaltische Magma an, dass schließlich drei Schildvulkane aus dem Meer wuchsen:

  • zuerst das frühe zentrale Schild, von dem heue nur noch das Roque del Conde Massiv zu sehen ist (vor 11,9- 8,9 Millionen Jahren)
  • dann das äußere Schild Teno im Nordwesten, das über der Westflanke des zentralen Schilds liegt (vor 7-5,5 Millionen Jahren)
  • und zuletzt das äußere Schild Anaga im Nordosten (vor 4,9-3,9 Millionen Jahren)

Schildvulkane entstehen durch  übereinander gelagerte basaltische Lava. Weil diese sehr dünnflüssig ist, breitet sie sich großflächig aus, so dass die Flanken des entstehenden Schildvulkans relativ flach sind.

Diese drei Schildvulkane überlappen sich und bilden das Fundament Teneriffas. Anfänglich aber tauchten sie als voneinander unabhängige, einzelne Inseln aus dem Meer auf. Wegen ihres Alters werden die drei Massive auch Paläoinseln genannt. Heute sind sie, weil sie schon so lange Wind und Wetter ausgesetzt sind, stark erodiert, verwittert und von tiefen Schluchten und Tälern durchzogen. Sie bilden die Enden von Teneriffa im äußersten Westen, Osten und Süden.

Der Vulkan Las Cañadas entsteht zwischen den drei Inseln und verbindet sie

Nach der Entstehung der drei Schildvulkane folgte eine lange Phase der Ruhe. Vor ungefähr 3,5 Millionen Jahren aber erwachte der Vulkanismus wieder und verlagerte sich in die Mitte der drei Paläoinseln.

Lava aus aufeinanderfolgenden, massiven Eruptionen überlagerte das frühe, zentrale Schild in weiten Teilen und breitete sich immer weiter aus. Seitdem liegen die drei Inseln nicht mehr einzeln, sondern verbunden im Meer. Ungefähr im Zentrum bauten sich mehrere Vulkane zu dem Vulkankomplex Las Cañadas auf. Dieser ist heute das sichtbarste Stadium des Vulkanismus auf Teneriffa, denn der Hauptteil des Teide-Pico Viejo Komplexes ist „nur“ die letzte Wachstumsphase des Vulkan Las Cañadas.

Der Vulkan Las Cañadas ist ein sogenanntes Vulkangebäude: ein komplexer Vulkan aus mehreren Vulkantypen, von denen keiner so sehr hervortritt, dass er das gesamte Erscheinungsbild dominiert. Die Gesteinseinheiten der zahlreichen, aufeinanderfolgenden Eruptionen sind teilweise noch heute als Schichten erkennbar und geben einen genaueren Einblick in seine Entstehungsgeschichte.

Die Eruptionen und damit entstandenen Gesteinsformationen des Vulkans Las Cañadas können in eine untere, ältere Gruppe sowie eine obere, jüngere Gruppe eingeteilt werden:

Die untere Gruppe brach zwischen >3,5 Millionen und 2 Millionen Jahren aus. Dabei floss die Lava aus mehreren Ausbruchszentren mehr oder weniger ruhig (effusiv) aus. Die Lava umfasste basaltische, phonolitische und trachytische Laven und untergeordnete pyroklastische Gesteine. Nach der Bildung der unteren Gruppe folgte eine Zeit der Ruhe, in der verschiedene Vulkangipfel des Vulkangebäudes zusammenstürzten und jeweils einen Einbruchkessel (Caldera) bildeten. Außerdem war das gesamte Vulkangebäude starken Erosionsvorgängen ausgesetzt. Zur unteren Gruppe zählen unter anderem die Roques de García und die Los Azulejos Formation.

Die obere Gruppe brach in drei explosiven Vulkanzyklen aus, die drei Gesteinsformationen schuf. Jeder Zyklus bestand aus Eruptionen, der Bildung einer Caldera und Erosionen der steilen Calderawände. Dabei verschob sich die Zone der aufeinanderfolgenden Ausbrüche immer weiter nach Nordosten:

    • die Ucanca-Formation (1,57-1,18 Ma)
    • die Guajara Formation (0,85-0,65 Ma)
    • die Diego-Hernández-Formation (0.37-0.18 Ma)

Das dreiarmige Riftsystem, die Gebirgskette Dorsal und die Bildung der Täler von Orotava und Güímar

Gleichzeitig mit dem Aufbau des Vulkan Las Cañadas waren in den letzten 3 Millionen Jahren Vulkane in einem dreiarmigen System aus langestreckten Riftzonen aktiv. Seine Arme erstrecken sich vom Zentrum der Insel nach Süden, nach Nordwesten Richtung Santiago del Teide und nach Nordosten Richtung Anaga. Dieses Y-förmige System kontrolliert die Gesamtstruktur von Teneriffa.

Unter Riftzonen versteht man Eruptionsspalten oder parallele Reihen von Schlackenkegeln und Ganggestein (Dykes). In den Riftzonen ist die Erdkruste nicht ganz so dick wie im Zentrum der Insel, weshalb hier hauptsächlich Basalte gefördert werden.

Entlang der nordöstlichen Riftzone begann vor rund einer Million Jahren der Aufbau der Gebirgskette Cordillera Dorsal, die auch Cumbre Dorsal genannt wird. Dies erfolgte aus den Resten der bereits teilweise erodierten unteren Teilen Vulkan Las Cañadas heraus, indem Lava durch die entstandenen Spalten hervortrat und Schicht für Schicht eine Gebirgskette aufbaute.

Die Cordillera Dorsal ist die größte und mit 25 km auch die längste Cordillera des Kanarischen Archipels. Sie liegt zwischen 750 und 2350 Metern Höhe. An dieser Gebirgskette fanden vor 800.000 Jahren zwei große Erdrutsche statt, als Teile des erodierten Vulkans Las Cañadas unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrachen und ins Meer stürzten. So entstand das Tal von Güímar. Rund 200.000 Jahre später wiederholte sich das Ereignis an der Nordseite und hinterließ das Orotava-Tal.

Der Gipfel des Vulkans Las Cañadas bricht zusammen und die Caldera Las Cañadas entsteht

Der Gipfel des Vulkans Las Cañadas soll höher gewesen sein als der Teide, wurde aber zerstört. Ob sich sein Vulkankessel, die „Caldera de las Cañadas“, nach einem großen Ausbruch durch das Einbrechen des Gipfels in die entleerte Magmakammer und/oder Abrutschen der nördlichen Flanke bildete, wird noch heiß diskutiert. Fest steht, die Caldera Las Cañadas entstand in mindestens drei Phasen.

Die ersten zwei Phasen gehen auf die Bildung der Vulkankessel der Ucanca-, Guajara- und Diego-Hernández Formation zurück: Zuerst entstand auf der Westseite die Ucanca-Caldera  (vor > als 1 Million Jahren). Ihre steil aufragenden Kesselwände reichen von sind heute entsprechend stark erodiert und verwittert – du  kannst sie im Bereich  zwischen Los Azulejos und dem Roque de el Cedro bewundern. Danach bildeten sich im Osten, die Caldera Guajara und die Caldera Diego-Hernández (< als 600.000 Jahre). Beide gehen ineinander über und liegen rund 150 Meter höher als die ältere Caldera Ucanca, von der sie durch die Roques de Garcia getrennt sind.

Die dritte und finale Phase war vor weniger als 200.000 Jahren, als die nördliche Flanke des Las Cañadas Vulkans in den Ozean abrutschte. So entstand in der Höhe eine weitere Caldera und weiter unten das Tal von Icod.

Die gesamte Caldera Las Cañadas hat einen Durchmesser von ungefähr 9 km Breite und 16 km Länge. Sie ist im Norden zum Atlantik hin offen und im Süden von bis zu steil aufragenden Felswänden begrenzt, die eine Höhe von bis zu 600 Meter erreichen. Deshalb wird ihre Erscheinung häufig mit einem Amphitheater verglichen.

Der Teide wächst aus der Caldera Las Cañadas empor

Unmittelbar nachdem sich die Caldera Las Cañadas gebildet hatte, wuchs am nördlichen Kesselrand der Teide empor. Erst deutlich später bildete sich an der Spitze seiner westlichen Flanke der Pico Viejo. Deshalb sind die beiden Vulkankegel miteinander verbunden und werden auch als Teide-Pico Viejo Komplex bezeichnet. Zusammen mit den älteren Vulkanstrukturen, die teilweise unter der Meeresoberfläche liegenden, erreicht der Teide also eine Höhe von mehr als 7000 Metern.

Angepasst auf Grundlage von Leyva et al. 2022. https://link.springer.com/article/10.1007/s00603-021-02762-y

Der kegelförmige Teide-Pico Viejo-Komplex ist ein steil aufragender Schichtvulkan, bei dem Lava und Lockermaterialien wie zum Beispiel Asche in Schichten übereinanderliegen. Er besteht aus verschiedenen Lavatypen, die sich von einer dunklen, basaltischen zu einer hellen, phonolitischen Zusammensetzung entwickelt haben. Während ihrer Entstehung gab es zahlreiche explosive Eruptionen, mehrere vertikale Einbrüche und gelegentliche seitliche Einstürze.

Auch wenn heute jeder nur vom Teide redet, darf nicht vergessen werden, das der zentrale Vulkankomplex von Teneriffa noch heute aus zwei Teilen besteht: Dem Vulkangebäude Las Cañadas, das den Grundsockel bildet, und dem darauf sitzenden Teide-Pico Viejo Komplex.

Bedeutende Vulkanausbrüche auf Teneriffa in den letzten 2000 Jahren…

Die jüngeren vulkanischen Aktivitäten Teneriffas fanden am Teide-Pico Viejo und entlang von zwei Riftzonen statt: im Nordwesten an der sogenannten Santiago-del-Teide-Rift und im Nordosten an der der Verlängerung der Linie Pico Viejo – Teide – Montaña Blanca.

…am Teide

Schon länger hat aufsteigende Lava nicht mehr die Gipfel des Teide und Pico-Viejo erreicht, so dass beide nicht mehr über ihre Krater ausgebrochen sind. An ihren Flanken aber entstanden entlang von Eruptionsspalten neue, aktive Vulkankegel.

Vor rund 2000 Jahren, die Ureinwohner Teneriffas könnten also Zeuge gewesen sein,  gab es eine große, explosive Eruption an der Nordost-Flanke des Teide. Beim Ausbruch der Montaña Blanca soll Vulkanasche bis zu 15 km in die Höhe geschossen. Außerdem wurden große Mengen weiß-gelblicher Bimsstein in die Höhe geschleudert, die sich sich mit dem Wind in Richtung Nordost verbreitete. Dieser Mantel aus Bimsstein erscheint besonders im Sonnenlicht weiß und gab der Montaña Blanca, dem weißen Gebirge, seinen Namen.

Lange wurde vermutet, dass Christoph Kolumbus und seine Mannschaft Zeugen einer Eruption an der Nordwest-Flanke des Teide waren, als sie auf ihrer Entdeckungsreis im Jahr 1492 an Teneriffa vorbeikamen. Kolumbus schrieb in sein Logbuch, dass schwarze Lava vom Teide floss. Ob es die schwarzen Lavaströme sind, die vom Gipfel aus radial in alle Richtungen liefen und sich hauptsächlich über die Nordflanke des Vulkans ergossen? Vermutlich nicht, denn aufgrund von Altersbestimmungen der Lava gehen Forscher mittlerweile davon aus, dass Columbus den Ausbruch in der Montaña Boca Cangrejo in der Nordwest-Riftzone gesehen hat.

1798 brach der Montaña Chahorra aus, der an der Flanke des Pico Viejo liegt. Zunächst entstand ein Eruptionsriss, der sich von der Basis bis zur Spitze entwickelte und auf einer Länge von 800 Meter 9 Schlote öffnete. Dabei entstanden in einer Höhe von 2500 Metern auch die Öffnungen, die heute als Narices del Teide (Nasen des Teide) bekannt sind. Die „Nasen“ und anderen Schlote warfen mit Flammen, lautstarkem Getöse und heftigen Eruptionen Lava aus, deren Ströme die bis in die Caldera Las Cañadas  flossen und diese auffüllten. Auf alten Karten werden Teile dieses Gebiets auch als „Las Bocas de Fuego“ bezeichnet, was wohl klarmacht, wie heftig und nachhaltig beeindruckend dieser Ausbruch gewesen war. 99 Tage dauerte das Spektakel und ist damit der längste bekannte Ausbruch in der Geschichte Teneriffas und gleichzeitig die letzte Eruption im Gebiet des heutigen Teide-Nationalparks.

…an den Riftzonen

In Riftzonen kann Magma mit einem hohen Anteil an eisen- bzw. magnesiumhaltigen Mineralen aufsteigen. Diese ist besonders flüssig und der Grund, weshalb in den Riftzonen von Teneriffa so viele Schlackenkegel liegen.

Ein Schlackenkegel entsteht um einen Vulkanschlot, der dünnflüssige Lava fördert. Wird sie in der Fontäne oder bei einen explosiven Ausbruch in die Luft geschleudert, zerplatzt die Lavamasse in kleine Teile, die sich dann verfestigen, um den Schlot herunterfallen und einen kegelförmigen Hügel bilden. Das Lockermaterial kann ganz unterschiedliche Größen haben, darunter sind Asche (bis 2mm Durchmesser), Lapilli (2 – 64 mm Durchmesser) und Bomben (ab 64 mm Durchmesser). Größtenteils wird das Lockermaterial lose abgelagert und nur durch die Schwerkraft zusammengehalten. Manchmal, wenn die Lavafetzen bei ihrer Ablagerung noch glühen, können sie auch zu einem festen Stein verbacken.

Für gewöhnlich entstehen Schlackenkegel während einer einzigen Eruptionsphase. Auch wenn der Schlackenkegel selbst überwiegend aus Lockermaterial besteht, kann dünnflüssige Lavaströme ruhig aus dem Vulkanschlot ausfließen. Und dann kann es gefährlich werden.

So zum Beispiel 1706. Zu diesem Zeitpunkt war Garachico die bedeutendste Hafenstadt Teneriffas.  Doch am 5. Mai brach der Vulkan Montaña Negra, der oberhalb der Stadt in der Nord-West Riftzone liegt, aus und begrub die Stadt und den Hafen fast vollständig unter seinen Lavamassen. Der Vulkan wird deshalb auch Vulkan Garachico genannt. Von allen Vulkanausbrüchen auf Teneriffa, brachte der Ausbruch des Vulkan Garachico den größten wirtschaftlichen Schaden mit sich. Zwar wurde Garachico auf dem entstandenen Lavadelta wieder aufgebaut wurde, aber die Stadt erreichte nie wieder ihre wirtschaftliche Stärke, weil der Inselhafen in der Zwischenzeit nach Santa Cruz verlagert wurde.

Der letzte Vulkanausbruch Teneriffas fand 1909 am Vulkan Chinyero statt, der ebenfalls in der Nord-West Riftzone und in Nachbarschaft des Vulkan Garachico liegt. Der Lavastrom des Chinyero floss in Richtung Westen auf Santigo del Teide zu. Dieses Städtchen hatte mehr Glück als Garachico, denn der Lavastrom traf zuerst auf die Montaña Bilma, wo er geteilt und zu den Seiten abgelenkt wurde und schließlich kurz vor Santiago del Teide stoppte.

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