„Lass uns nochmal nach Talavera gehen, das war eine spannende Wanderung mit toller Aussicht auf die Küste, den Teide und das Teno-Gebirge.“ Keine Diskussion am Frühstückstisch, dieser Vorschlag wurde sofort angenommen. 3 Jahre war es her, dass wir diese Tour gelaufen sind und ich hatte eine klitzekleine Kleinigkeit vergessen: Die steilen Anstiege. Und auch noch zu Beginn der Tour hätte ein Blick nach oben hätte gereicht, um zu erkennen: Das wird spektakulär, aber anstrengend.
Die genaue Wegbeschreibung dieser und unserer anderen Wandertouren findet ihr auf komoot.de bzw. in der entsprechenden kostenlosen App unter unserem Profil „Casa Aguacate“. Dort könnt ihr euch die Wanderung inklusive Höhenprofil und voraussichtlicher Wanderzeit ansehen. Selbstverständlich kannst du die Route zum nachwandern auch speichern, ausdrucken oder auf ein GPS-fähiges Gerät herunterladen.
Ein Kaffee am Kiosko von Los Silos und los geht es
Start der Wanderung ist der Plaza de la Luz in Los Silos. Den Kiosko im Rücken und das Convento im Blick geht es zunächst rechts herum die Calle de Félix Benítez de Lugo entlang. An der Caixa Bank geht es links herum auf den Camino la Cruzada und überdie Hauptstrasse. Ein Holzschild mit der Beschriftung „Talavera“ weist den weiteren Weg, der zunächst an angrenzenden Bananen- und Avocadoplantagen vorbei führt. Der erste Abschnitt der Strecke bis El Palmar ist ein offizieller Wanderweg – der PR-TF 55. Entsprechend gut ist er mit verschiedene Schildern, gelb-weißem Markierungen und dem „Wanderelvis“ markiert.
Sobald man am Ende des Camino la Cruzada rechts den Weg, an einer halb verfallenen Finca vorbei, in den Berg betreten hat, gibt es keine Diskussion mehr und nur noch einen Richtung: In steilen Serpentinen bergauf und zwar den westlichen Hang des Barranco de Pasos.
Über steile Serpentinen: vom Wasserhäuschen bis zum verlassenen Gehöft
Nach einiger Zeit erreicht man ein kleines Häuschen (das, wenn man bei der Rückkehr mal darauf achtet, bereits von Los Silos aus gut zu sehen ist). Hinein und Heraus führen zahlreiche Rohre und Schläuche und man hört ordentlich Wasser rauschen. Kein Wunder, handelt es sich bei dem Wasserhäuschen „Casilla de agua“ um eine Pumpstation, die das Wasser aus den Bergen an die Besitzer von Wasseraktien entsprechend verteilt.
Bei diesem steilen Anstieg auf eng geschwungenen, felsigen Serpentinenwegen lohnt sich auch immer wieder eine kleine Pause und der Blick zurück – das verschafft dir nicht nur eine kleine Atempause, sondern auch den Ausblick auf die Felswand von La Culata, den Felsen vor Garachico und deinen Startpunkt Los Silos.
Talavera: warum und seit wann mitten am Berg ein Gehöft steht
Weiter geht es bergauf. Auf einem kleinen Bergrücken in ca. 600 Metern Höhe führt der Weg direkt auf ein verfallenes Haus zu und man darf sich die Frage stellen: Wer baut denn bitte genau hier ein Haus? Lage, Lage. Lage? Ok, die Aussicht ist zugegebenermaßen atemberaubend, aber die Abgründe rechts und links des Hauses ebenfalls. Dieses Gebäude gehört zum verlassenen Weiler Talavera und war einmal, so vermute ich zumindest, ein Stall. Ein paar Meter weiter stehen zwei weitere Häuser mit mehr oder eher weniger intakten Satteldächern.
Tatsächlich hat das Gehöft Lage, ganz in der Nähe liegt nämlich die Quelle Fuente los Berros. Weiter bergan, ebenfalls auf der linken Seite des Bergrückens und heutigen Wanderwegs, gibt es zahlreiche weitere Quellen, die allesamt in den nahen Barranco de Blas münden. Und auf der rechten Seite liegt der Barranco Tostado.
Zu Zeiten von Pedro de Talavera, einem der spanischen Eroberer im 15. Jahrhundert, Besitzer dieser Ländereien und bis heute Namensgeber des Weilers, sprudelten die Quellen noch und die Schluchten dürften ganzjährig Wasser geführt haben. Es gab also genügend Wasser für den Anbau von Getreide, Obst und für die Viehzucht.
Entsprechend finden sich viele Terrassenfelder in der Nähe des Gehöfts und im gesamten Weiler. Hauptsächlich Kartoffeln, Bohnen und Flachs sollen hier angebaut worden sein. Flachs und vielleicht auch anderes Getreide wird einen großen Anteil beim Anbau gehabt haben, schließlich finden sich ganz in der Nähe der verfallenen Häuser, auf der linken Seite des Weges, zwei gut erhaltene Dreschplätze. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, was das für eine Mühe gewesen sein muss. Die tägliche Arbeit, die Versorgung von Mensch und Tier mit dem notwendigen Wasser und sonstigen Lebensmitteln und vor allem der Transport des Getreides über die steilen Wege zum Verkauf in die nächsten Orte nach Los Silos, El Palmar oder Erjos.
Das Gehöft Talavera war übrigens bis in die 1960er Jahre bewohnt.
Die Umgebung des verlassenen Gehöfts: Überwucherte Terrassenfelder und angeknabberte Kiefern
Die Umgebung des Gehöftes ist dicht mit Gestrüpp und Kiefern bewachsen, daher sind die Terrassenfelder nicht mehr gut zu erkennen. Vor allem auf der rechten Seite des Weges aber ist ab und zu das terrassierte Gelände gerade noch sichtbar. Auffällig ist, dass viele der Kiefern abgestorben und umgefallen sind bzw. dass einigen im unteren Teil des Stammes ein Stück Borke fehlt. Fast sieht es so aus, als hätte ein Biber am Stamm geknabbert. Diese Schnitte sind absichtlich gemacht worden, damit diese Kiefern absterben, denn es handelt sich hier um die nicht-heimische Kiefernart Pinus radiata. So soll die Wiederansiedlung von thermophiler Buschwald und Lorbeerwald, die die typische Vegetation dieses Gebiets sind, ermöglicht und gefördert werden.
Auf die Spitze des Bergrückens und wieder hinab, vorbei am „Dinosaurier“
Immer weiter geht es bergauf, bis der Spitze des Bergrücken erreicht ist. Hier wechselt auf dem Wanderweg rote Erde mit blankem Felsuntergrund ab. Sowohl nach links als auch rechts hat man einen spektakulären Ausblick. Sofern nicht Nebel oder Wolken den Blick auf den Teide und das Tal von El Palmar versperren. Aber selbst dann ist der Weg zum höchsten Punkt der Wanderung, entlang des schmalen Bergrückens, ein Erlebnis.
Nochmal die Aussicht genießen, vor allem auf den nahe gelegenen grünlich schimmernden Berg, und dann geht es wieder begrab.
Achtet auf den ersten Metern nach unten nicht nur auf das etwas rutschige Gelände, sondern schaut, ob ihr auch diesen aufragenden kleinen Berg seht. Sieht er nicht aus wie ein Dinosaurier?
Durch den dicht mit Bäumen und Büschen bewachsenen Lorbeerwald geht es jetzt abwärts in Richtung El Palmar. Du erreichst die umliegenden Felder des Weilers Las Huertas und kommt dann in das Städtchen El Palmar.
Restaurantipp El Palmar: Mittagspause mit gegrilltem Hähnchen
An der Kirche, möchten wir dir einen kleinen Abstecher empfehlen. Geh ein paar Meter die Hauptstraße nach links, bis du das Restaurante El Palmar erreichst. Die Spezialität des Hauses und nicht nur als Pausensnack dieser Wanderung zu empfehlen: Auf dem Holzkohlegrill gegrill-räucherte Hähnchen. Dieses Restaurant ist definitiv kein Geheimtipp bei den Einheimischen, deshalb warnen wir vor: An Wochenenden, an denen klassischerweise mittags mit der Familie essen gegangen wird, ist dieses Lokal sehr gut gesucht. Dass alle Tische besetzt sind, man an der Theke einen freiwerdenden Tisch reserviert und derweil draußen in der Sonne mit einem Erfrischungsgetränk warten muss, ist keine Seltenheit. Um das zu vermeiden, hilft es unter der Woche zu kommen. Montags allerdings ist, und das gilt für viele Restaurants und Supermärkte im Norden Teneriffas, geschlossen.
Den Barranco entlang Richtung Buenavista del Norte und zurück nach Los Silos
Nach der Stärkung geht es weiter abwärts in Richtung Küste und Buenavista del Norte. Diesmal ganz knieschonend zunächst auf einer geteerten Straße, später auf einem alten Wanderweg. Beide gehen ineinander über und verlaufen parallel zur Autostraße bzw. kreuzen diese ein paar Mal, bis wir den Camino Viejo San Juan de Taco erreichen. Dieser bringt uns nach Los Silos zurück. Aber auch auf dem letzten Stück des Weges gibt es noch ein kleines Highlight zu sehen: Die rechts am Wegesrand liegende und für den Weg namensgebende Hacienda San Juan de Taco. Und wer sich fragt, wie diese Hacienda wohl von Innen ausschaut, wird hier fündig.
Du kannst vom Wandern nicht genug bekommen?
Dann stöber mal in der Übersichtskarte unserer erprobten Wanderungen.
Literatur
- Forests | Free Full-Text | Characterisation of Pinus canariensis C.Sm. ex DC. Sawn Timber from Reforested Trees on the Island of Tenerife, Spain (mdpi.com)
- https://www.redalyc.org/journal/2744/274454797019/274454797019.pdf
- Rodríguez, María de las Mercedes García. „Restauración forestal en la finca de Talavera, Parque rural de Teno, isla de Tenerife.“ Investigación, gestión y técnica forestal, en la región de la Macaronesia. Colegio de Ingenieros de Montes, 2014.